Pride heißt Freiheit

Für die BBU bedeutet Pride mehr als sich in Regenbogenfarben zu präsentieren. Unsere Kolleg*innen widmen sich dem Thema inhaltlich und sorgen dafür, dass sich die Klient*innen wohl und sicher fühlen – unabhängig von der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität.

Ein kleines Experiment: Stellen wir uns einmal vor, wir müssten erklären, warum wir eine “Frau” oder ein “Mann” sind, weshalb wir uns so kleiden, wieso wir in einer heterosexuellen Beziehung leben und wie wir auf die Idee kommen, “richtige” Eltern für unsere Kinder zu sein.

Und dann stellen wir uns vor, das Gegenüber würde die Augen verdrehen und sich beschweren, dass das alles nicht normal wäre. Und dann würde dieses Gegenüber feststellen, dass wir eine Gefahr für die Gesellschaft und das Heimatland sind.

In vielen Ländern droht lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, queeren und intergeschlechtlichen Personen Diskriminierung, Gefängnisstrafen, Folter, Todesdrohung, Körperverletzung. In 12 Ländern droht die Todesstrafe, manche Länder setzen sie auch um. Einen Überblick bietet unter anderem Amnesty International.

Auch in Europa und Österreich sind LGBTQIA+ Rechte nicht selbstverständlich. Umso wichtiger ist es, sich dafür einzusetzen und das nicht nur während des Pride-Month.

Focal Points
In der BBU passiert das, so etwa in der URB. Hier gibt es LGBTQIA+ Focal Points: Das sind Rechtsberater*innen, die sich in mehreren Modulen auf das Thema spezialisiert habe und in ihren Geschäftsstellen als interne Ansprechpartner*innen zur Verfügung stehen.

Einer von ihnen ist Georg R.*, der unter anderem ein schwules Paar aus Bangladesh beraten hat. “Es war ein sehr komplexer Fall, denn die beiden haben erst im zweiten Verfahrensgang die Homosexualität hervorgebracht“, erinnert sich der Rechtsberater. Sie lebten zu fünft in einer WG, die Mitbewohner sagten nach einer behördlichen Ladung als Zeugen aus. Die Männer bekamen letztendlich Asyl gewährt.
Gesellschaftlich ist Homosexualität in vielen Ländern verpönt. Sich zu outen ist riskant. “Es kann bedeuten, die Familie zu verlieren und den Kontakt zu verlieren”, weiß Georg. Die Belastung ist groß, denn neben den Zukunftsängsten und der oft unsicheren Lage als Asylwerbende*r kommt die Angst vor Diskriminierung dazu.

Allein reisende Männer
Das erlebt auch Sermed F*Sie ist Ordinationsassistentin der medizinischen Station in der Betreuungseinrichtung Schwechat und wurde heuer zur LGBTQI-Vertrauenspersonen ausgebildet. Auch der Geschäftsbereich Grundversorgung widmet sich somit dem hochsensiblen Thema.

“In unserer Betreuungseinrichtung sind allein reisende Männer untergebracht und in diesem Setting traut sich kaum wer, darüber zu sprechen.“ Raphael H.*, Fachkraft in der Flüchtlingsbetreuung Schwechat, bestätigt das. “Es gibt wenige, die sich uns gegenüber outen, den Klienten gegenüber verheimlichen sie es und versuchen sich unauffällig zu verhalten. Das verstehe ich auch, schließlich kommen die meisten Männer aus sehr konservativen Kulturen.

Vorurteilsfreie Ansprechpersonen
Unsere Kolleg*innen sind für viele die ersten Ansprechpersonen, die vorurteilsfrei zuhören. Sie leiten die Menschen an die richtigen Stellen weiter. So finden sie Zugang zu einer Community und erkennen: Ich bin nicht allein. Mit mir ist alles richtig!

Auch verfahrenstechnisch kann die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität eine Rolle spielen. Über das Gefühlsleben zu sprechen fällt aber nicht leicht. Und nicht immer geht es für die Klient*innen positiv aus.

So etwa vor einiger Zeit bei einer Transperson aus dem Irak. Sie hatte Schutzstatus in Griechenland, fand dort aber keine Arbeit, keine Unterkunft und wurde belästigt. Daher kam sie nach Österreich und suchte hier um Asyl an, wie Julia S.*, Senior Expert und stellvertretende Teamleiterin des Teams Senior Experts der Unabhängigen Rechtsberatung, erzählt. “Die Klientin war im Transitionsprozess und hatte schwere psychische Probleme. Zu ihrer unsicheren Lage kamen die schlechten Erfahrungen.” Im Zuge der Beratung öffnete sie sich. “Es war ihr wichtig, endlich einmal gesehen zu werden, als das, was sie ist, ohne sie zu verurteilen.” Die Entscheidung des BVwG  fiel jedoch negativ aus, die Klientin wollte keine höchstgerichtlichen Rechtsmittel mehr ergreifen. “Sie wollte ihn nicht mehr beeinspruchen sondern hat sich entschieden, nach Griechenland zurückzukehren.”

Menschen akzeptieren
Menschen und ihre Bedürfnisse akzeptieren, sie wahr- und ernst zu nehmen, ohne sie gleich zu verurteilen und in Schubladen zu stecken – darum geht es auch bei Intergeschlechtlichkeit. Intergeschlechtlich bezeichnet eine natürliche Variation im biologischen Geschlecht, bei der eine Person körperliche Merkmale hat, die nicht der medizinischen oder sozialen Norm von einem männlichen oder weiblichen Körper entspricht.

Diese Merkmale können die Geschlechtschromosomen, die Geschlechtsorgane, die Hormone oder die Genitalien betreffen. All das hat aber nichts mit der Geschlechtsidentität zu tun. Ein intergeschlechtlicher Mensch kann sich also männlich, weiblich, transgender, nicht-binär oder in einer anderen Weise identifizieren.

Hakim stellte sich bei uns als Mann vor, in seiner Geburtsurkunde war er aber als weiblich eingetragen“, erzählt Mandana L*, Expertin der Regionalbetreuung Süd. Der gebürtige Somalier wies sowohl weibliche, als auch männliche Geschlechtsmerkmale auf, identifizierte sich selbst aber als Mann. Was in der Theorie einfach klingt, erweist sich in der Praxis als schwierig. „Wir haben ihn und seine Identität nie in Frage gestellt. Er bekam ein männliches Hygienepaket und wurde als Mann behandelt. Aber wir haben uns um sein Wohlergehen gesorgt. Er wollte nach seiner Zeit bei uns im Verteilerquartier in ein reines Männerquartier transferiert werden. Wir haben einfach befürchtet, er könnte dort diskriminiert werden„, sagt Mandana.

Nach einer kurzen Zeit in einer unserer Bundesbetreuungseinrichtung wurde der Klient in die Landes-Grundversorgung nach Salzburg transferiert – in ein Männerquartier. “Er fühlte sich sehr wohl bei uns, arbeitete immer mit und die Klientinnen und Klienten diskriminierten ihn nicht. Im Gegenteil! Er sprach sehr gut Englisch und übersetzte für alle.”

Die Freiheit, ich selbst zu sein
„Das zentrale Thema ist Freiheit. Freiheit, ich selbst zu sein.” So lautet der Titel einer Präsentation, die unsere Kollegin und LGBTQIA+ Vertrauensperson Nina Z. in der Betreuungseinrichtung Graz Andritz für einen Workshop vorbereitet hat. Darin geht es um die Vielfalt der Menschen und die Vielfalt der Liebe, denn die kann ganz unterschiedlich sein. Sie hat auch unterschiedliche Aushänge angefertigt. “Darauf sind Menschen zu sehen, die sich für die LGBTQIA+ Bewegung der Vergangenheit stark machten oder jetzt aktiv sind.”

Die BBU setzt sich für eine diskriminierungsfreie Beratung und Betreuung ein und wir alle können uns für die Rechte von LGBTQIA+ Personen stark machen. Der erste Schritt dazu ist, sich mit den eigenen Vorstellungen auseinanderzusetzen und sie zu hinterfragen.

*Unsere Mitarbeiter*innen sind in einem gesellschaftspolitisch hochsensiblen Bereich tätig. Um sie bestmöglich zu schützen, veröffentlichen wir nicht ihren vollständigen Namen.

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